PM: Befestigte Häuser statt Zeltunterbringung, Kinderklinik zur Erstaufnahmeeinrichtung machen, dezentral unterbringen!

Zur Mitteilung, dass Teile der Kinderklinik in Leipzig-Reudnitz für die Erstuntersuchung von Geflüchteten kurzfristig hergerichtet wurden, erklärt der Initiativkreis: Menschen.Würdig.:

Die wiederholten Forderungen der Stadt Leipzig und zivilgesellschaftlicher Initiativen danach, die Nutzung der Kinderklinik für die Unterbringung von Geflüchteten zu ermöglichen, blieben im Laufe des Jahres erfolglos. Nun zeigt die Eröffnung einer Erstuntersuchungseinrichtung genau dort, dass es offenbar doch geht.

Die Nutzung der Gebäude der ehemaligen Kinderklinik in der Oststraße wurde mit fadenscheinigen Gründen – „zur Sicherung der Baufreiheit für Uniklinik- Umbauten“ – abgelehnt. Hätte der Freistaat die Stimmen aus Leipzig eher gehört, wären Zelte wie in Leipzig-Mockau oder Leipzig-Großzschocher nicht nötig gewesen.

Dazu Kim Schönberg vom Initiativkreis: Menschen.Würdig.: „Die Unterbringung von geflüchteten Menschen in Zelten, ehemaligen Baumärkten oder Hallen lehnen wir ab. Auch in der aktuellen Situation müssen menschenrechtliche Mindeststandards gewährleistet werden. Insbesondere für Familien mit Kindern und anderen schutzbedürftigen Personengruppen ist die Situation unerträglich, gesundheitsgefährdend und zum Teil auch gewaltvoll. Die Interim-Unterkünfte sind überfüllt, es mangelt an Privatsphäre, die Wartezeiten bis zur Registrierung als Asylbewerber*in, medizinischen Erstuntersuchung und dem damit verbundenen Beginn des eigentlichen Asylverfahrens sind unzumutbar.“

Laut Staatsregierung sind zirka 7000 Geflüchtete in Sachsen noch nicht registriert. Grundlegende Verfahrensrechte der Geflüchteten – wie der Zugang von Organisationen und Personen, die Beratungsleistungen erbringen, zu den Aufnahmeeinrichtungen (Artikel 8 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie) oder die Information über Beratungs- oder Unterstützungsleistungen( Art. 5 Aufnahmerichtlinie) – sind in Sachsen nicht gewährleistet.

Auch die Stadt Leipzig will noch in diesem Jahr ein Zeltlager für 570 Personen am Deutschen Platz errichten. Darüber zeigt der Initiativkreis: Menschen.Würdig. sein absolutes Unverständnis. Kim Schönberg dazu: „Die erhöhte Zahl der Geflüchteten war der Stadt Leipzig seit der neuen Prognose des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom August 2015 bekannt und auch vorher war diese Erhöhung absehbar. Seitdem bestand die Möglichkeit, sich engagiert um eine menschenwürdige Aufnahme der bis zum Jahresende in Leipzig ankommenden Menschen zu kümmern und die Zusage des Oberbürgermeisters, auf Zelte verzichten zu wollen, einzuhalten. Es ist ein Skandal, dass jetzt zu Beginn des Winters Geflüchtete in Zelten leben müssen.“

Laut Sachstandsbericht zur Unterbringung von Geflüchteten in Leipzig lebten zum 9.11.2015 lediglich 37,1% der Geflüchteten (1364) in Wohnungen, während zum Beispiel in Chemnitz 79% der Geflüchteten in Wohnungen leben.

Das Leben in einer eigenen Wohnung ist eine zentrale Grundlage für ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben. Die Stadt kann dafür die Voraussetzungen schaffen. Unterstützend dabei könnte die Schaffung eines Koordinierungsbüros „Wohnungen für Geflüchtete“ sein, wie sie der Initiativkreis: Menschen.Würdig. zusammen mit dem Projekt Flüchtlingswohnungen.org und der Initiative Willkommen im Kiez nach einem Vorbild aus Berlin (1) entwickelt hat. Das Koordinierungsbüro könnte sowohl die Verwaltung als auch die Sozialarbeiter*innen in den Sammelunterkünften entlasten, indem sie Geflüchtete beim Übergang in eigenen Wohnraum – von der Suche nach einer Wohnung über die Besichtigung, bis zur Unterzeichnung des Mietvertrages und letztlich der Umzugshilfe – praktisch unterstützt, sowie die ungenutzten Potentiale bei privaten Vermieter*innen und Wohnungsgenossenschaften erschließt.
Kim Schönberg: „Die Stadt Leipzig muss bezüglich des selbstbestimmten, gleichberechtigten Lebens Geflüchteter endlich ihre Bemühungen erhöhen!“

(1) In Berlin gibt es die Koordinierungsstelle „Wohnungen für Geflüchtete“ beim Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF), die vom Land Berlin mit der Beratung und Vermittlung Geflüchteter in Wohnungen beauftragt wurde.