PM: Nach Ellwangen und Hamburg: Auch in Asylunterkünften gilt das Grundgesetz – Hausordnung in Aufnahmeeinrichtungen in Sachsen sind rechtswidrig

Der Initiativkreis: Menschen.Würdig. wendet sich mit einem Offenen Brief an Sachsens Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth und fordert diesen auf im Sinne der Grundrechte von Geflüchteten aktiv zu werden.

Anlass der Forderung ist die nunmehr auch von Gerichten bestätigte Auffassung, dass Wohnbereiche in Asylunterkünften Wohnungen sind und nicht durch willkürliche Behördenpraxen angetastet werden dürfen. 

Im Februar 2019 hatte des Verwaltungsgericht Hamburg entschieden, dass das Eindringen in den persönlichen Wohnraum zum Zwecke des Aufgreifens vollziehbar Ausreisepflichtiger rechtswidrig ist, sofern dafür kein richterlicher Beschluss vorliegt. Denn: auch Wohnbereiche in Asylunterkünften unterlägen Artikel 13 (Unverletzlichkeit der Wohnung). Das Amtsgericht Ellwangen hat ebenso öffentlich Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Polizeieinsatzes zum Ausdruck gebracht, bei dem im Mai 2018 die Polizei in der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung Türen aufgebrochen und Zimmer durchsucht hatten, ohne einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss zu besitzen.

In Sachsen wird Asylunterkünften der Wohnungscharakter abgesprochen. So heisst es in der Antwort des Sächsischen Innenminister auf eine Kleine Anfrage (Drs. 6/16060), dass es sich „bei den Räumen in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften […] grundsätzlich nicht um Wohnungen im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 GG“ handelt.

Die in der Hausordnung in den Erstaufnahmeeinrichtungen ausgeführten Regelungen stehen ganz im Sinne dieser Auffassung. Willkürliche Zimmerkontrollen sind darin ebenso vorgesehen wie das Verbot von Besuchen und von Waffen und Alkohol sowie Einlasskontrollen.

Dazu Kim Schönberg vom IKMW: „Die Hausordnung der Erstaufnahmeeinrichtungen verstösst gegen Menschenrechte und die verbrieften Grundrechte. Der Freistaat Sachsen muss sich langsam daran gewöhnen, dass Geflüchtete auch Grundrechtsträger*innen sind und dies auch in ihren sächsischen Gesetzen und Verordnungen zum Ausdruck bringen. Das Innenministerium muss sich schleunigst darum bemühen die Hausordnung der Aufnahmeeinrichtungen menschen- und grundrechtskonform auszugestalten.“

Der IKMW wendet sich darum mit einem Offenen Brief an den Sächsischen Ausländerbeauftragten und appelliert an ihn, sich gegenüber dem Sächsischen Innenminister für die Wahrung der Rechte von Schutzsuchenden einzusetzen. 
Kim Schönberg erläutert: „Anstatt ein Gericht zu bemühen, wählen wir den zunächst nahe liegenderen Weg. Mit unserem Schreiben an Geert Mackenroth fordern wir, dass der Interessenvertreter auch für Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatis aktiv wird. Nicht zuletzt hat er uns mit seinem Newsletter auf die rechtswidrige Situation hingewiesen und diese Frage auch in Sachsen zum Thema gemacht.“

Den Offenen Brief finden Sie hier.