Initiativkreis: Menschen.Würdig unterzeichnet Offenen Brief zur Verbesserung des Gewaltschutzes in Sammelunterkünften und fordert: Gewaltschutz ist gut – auch für Leipziger Unterkünfte – Abschaffen von Massenunterkünften ist besser!

Pressemitteilung
19.11.2018

Am 19.11.2018 veröffentlichte der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. einen
Offenen Brief an die Sächsische Landesdirektion, das Staatsministerium des
Inneren und die Staatsministerin für Gleichstellung und Integration zum
Gewaltschutz in sächsischen Asylunterkünften. Im Offenen Brief wird „echter
Gewaltschutz“ durch gründliche Überarbeitung des aktuellen
Gewaltschutzkonzeptes gefordert. Der Initiativkreis: Menschen.Würdig.
gehört zu den Erstunterzeichner*innen. (zum Brief:
https://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de/de/2018/11/19/pm-organisationen-fordern-maximaler-gewaltschutz-minimale-aufenthaltsdauer-in-sammelunterkuenften-jetzt/ )
Zu den Gründen, den offenen Brief mitzuzeichnen führt Kim Schönberg vom
IKMW aus: „Wir begrüßen die Initiative zur Verbesserung des Gewaltschutzes
in Sammelunterkünften. Ein vernünftiges Gewaltschutzkonzept ist schon
alleine wegen der Gefahr von rechten An- und Übergriffen, denen Personen,
die in Sammelunterkünften untergebracht sind, höchst angebracht.
Ebenso sind Fälle von unter anderem sexualisierter Gewalt vom
Sicherheitspersonal bekannt geworden.Viele Vorfälle werden jedoch – in
Ermangelung eines ordentlichen, externen Beschwerdemanagements, zumeist unter den Tisch gekehrt. Die Bewohner*innen von Massenunterkünften, die per Gesetz in zahlreichen Rechten – z.B. denen auf ein menschenwürdigen Existenzminimums,  Bewegungsfreiheit oder selbstbestimmten Wohnens -beschnitten sind,  befinden sich in starker Abhängigkeit vom Wohlwollen der Betreiber, Sozialbetreuer*innen und Sicherheitsperson in den Unterkünften. Um den Betroffenen eine Stimme zu geben und Misständen ernsthaft auf den Grund zu gehen, muss eine externe Beschwerdestelle her!“

Auch in Leipzig gibt es keine Gewaltschutzkonzepte für die kommunalen
Unterkünfte. Der Beschluss zur Einführung eines Beschwerdemanagements für die Bewohner*innen von Asylunterkünften, eine Initiative des
Migrantenbeirats der Stadt, harrt immer noch der Umsetzung.

Doch der Initiativkreis Menschen.Würdig geht in seiner Forderung
grundsätzlich weiter: „Bei einem überarbeiteten Gewaltschutzkonzept kann es nicht bleiben! So gut tein neues Konzept auch sein wird, damit Menschen in Massenunterkünften endlich einen wirksamen Schutz bekommen: Massenunterkunft bleibt unwürdig, egal, wie gut das Gewaltschutzkonzept sein mag!
Kein noch so gutes Gewaltschutzkonzept kann die strukturellen Probleme von
Erstaufnahmeeinrichtungen und kommunalen Sammelunterkünften beheben. Denn diese bedeuten immer Mangel an Privatsphäre, Isolation, Einschränkung der Selbstbestimmung und potentiell Gewalt. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind durch multiple Deprivation gefährdet. Das bedeutet, dass ihre Lebenslagen derart benachteiligend sind, dass Entwicklungschancen massiv eingeschränkt werden.“

Durch die allgemeinen Verschärfungen der Asylgesetzgebung kann zudem nicht mehr die Rede von ERSTaufnahmeeinrichtungen sein. Auch in Sachsen ist geplant, dass Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern und mit sogenannter schlechter Bleibeperspektive bis zu 24 Monaten in
Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben sollen und damit von jeder Form von
gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden.

Auch in den kommunalen Unterkünften in Leipzig steigen die Verweildauern
von Menschen, die bereits eine positive Entscheidung ihres Asylantrags
bekommen haben. Die angespannte Lage des Wohnungsmarkts sowie rassistische Diskriminierung gegenüber migrantisierten Wohnungsinteressent*innen tragen dazu bei, dass Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften bleiben und damit nicht selbstbestimmt wohnen und leben können.

Kim Schönberg ergänzt: „Das Recht auf Wohnen ist ein Soziales
Menschenrecht! Selbst, wenn die Mindeststandards in Massenunterkünften
umgesetzt werden, stellt eine „Unterbringung“ noch kein selbstbestimmtes
Wohnen dar. Wir sollten erst dann zufrieden sein, wenn Menschen in der Tat
selbstbestimmt Leben und damit auch Wohnen können!“