Dokumentation von Leser_innenbriefen

Hier werden beim Initiativkreis: Menschen.Würdig. eingegangene Leser_innenbriefe dokumentiert:

Leser_innenbrief vom 21.12.2012 (von anonym)
Seit dem Aufkommen der Asyldebatte im Sommer bin ich immer wieder über die Beiträge aus Wahren verwundert. So wird der Stadtverwaltung vorgeworfen, sie arbeite intransparent, sodass, laut des Wahreners Gerd Heide, „etliche Fakten (…) erst aus der Leipziger Volkszeitung (zu) erfahren” seien. Jedoch behaupte ich, dass selbst wenn diese Annahme stimmen würde, die Stadt gemäß der Wahrener Kritik im entsprechenden Maße beteiligungsorientierter gearbeitet hätte, dennoch ablehnende Haltungen aus Wahren zustande gekommen wären.

Ebenso stimmt die Aussage des Herrn Heide nicht, er habe „etliche Fakten (…) erst aus der LVZ erfahren“, denn seine Frau, Marlis Heide, äußerte wiederum: „Die Stadt will 70 Asylbewerber in Wahren unterbringen.“. Dies entspricht seit der Ratsversammlung vom 18. Juli nicht mehr den Tatsachen, denn in der Pittlerstr. sollen lediglich 36 Plätze geschaffen werden, ein Erfolg, welchen sich die BI Wahren wohl zu Gute schreiben lassen kann, hat sie in der Vergangenheit genügend Hetze betrieben, um dies zu erreichen. Liest die Familie Heide seit Juli etwa keine LVZ mehr – oder ist sie vielmehr der Propaganda der BI erlegen?

Hinter der BI steckt jedoch auch nur mehr Schein als Sein: Die Sprecher glauben, den gesamten Stadtteil zu vertreten, dies entspricht aber nicht den Tatsachen. Sie tritt nur dominant und einschüchternd auf, Gegenstimmen existieren, nur werden dieser bisher kaum gehört, ihnen kein Platz eingeräumt – auch nicht in den Medien.

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 15.12.2012 (von Shane Lessenich)
Ich habe keinerlei Verständnis für diese Form von Leserbrief, dem eindeutig eine – nicht nur – rassistische Denkstruktur zugrunde liegt.

SBG-II-Leistungen, so genanntes Hartz IV, als bedingungsloses Grundeinkommen darzustellen und damit Asylsuchenden wie SBG-II-Leistungsbezieher_innen so genanntes „Sozialschmarotzertum“ zu unterstellen, zeigt die Unkenntnis des Verfassers. Das dahinter liegende Denken orientiert sich an ökonomistischen Prinzipien wie Effizienz und Nützlichkeit, die das soziale Leben durchdringen und Grundsätze wie Empathie und Fürsorglichkeit zurückdrängen.

Diese Ökonomisierung des sozialen Lebens schreibt demzufolge Menschen Nützlichkeitskriterien zu und betrachtet jene, die nicht der Norm der Leistungsgesellschaft entsprechen, als „Nutzlose“ und „Überflüssige“. Dies führt zur Verrohung des Gesellschaftlichen, zu Entsolidarisierung und Vereinzelung. Die Zuschreibung der Nutzlosigkeit von Personen(gruppen) führt zu abwertenden Denken, die Grundlage für entsprechendes Handeln, das bis hin zur Ermordung von als „nutzlos“ erachteten Menschen führen kann.

Zudem Geflüchteten zu unterstellen, sie wollen nicht arbeiten gehen, entspricht nicht den Tatsachen, sondern vielmehr besteht auf Seiten des Staates ein Arbeitsverbot für asylsuchende Menschen.

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 03.12.2012 (von anonym)
Leider wurde es verpasst, das Interview mit der Sozialamtschefin, Frau Kader-Probst, zu nutzen, um weitere Nachfragen zu stellen. So haben zwar wir Leipzigerinnen und Leipziger erfahren, wie die Mietkosten zustande kommen, für Asylsuchende sind jedoch auch andere Fragen von Interesse.

Zum Beispiel die Frage, weshalb das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 18. Juli, das besagt, dass Asylsuchende genau so viel Geld erhalten, wie von Hartz-IV-Empfänger, bisher nicht vollständig umgesetzt wurde, obwohl das Urteil besagt, dass es mit sofortiger Wirkung umzusetzen ist. Die ist nun fünf Monate her und die Stadt Leipzig ist immer noch damit beschäftigt, ihr Computersystem umzustellen, bzw. führt dies als Begründung für eine bisher nicht erfolgte Zahlung an.

Andere Landkreise oder Kommunen in Sachsen zahlen hingegen bereits seit August den geforderten Satz und haben sogar die Nachzahlung für Juli mit gezahlt.

Im übrigen wäre auch die Frage interessant gewesen, warum nicht einfach mehr von den Flüchtlingen das Leben in Wohnungen erlaubt wird, wo wir doch wissen, dass dies wesentlich billiger und weniger aufwändig ist, als Heimunterbringung!

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 27.11.2012 (von anonym) –> abgedruckt in der LVZ vom 03.01.2013 (S.16 – Jamie Steinwachs: “Anliegen auf ökonomische Aspekte reduziert”)
Mit Unverständnis habe ich die Äußerungen von Dirk Feiertag zur Unterbringung Asylsuchender in Leipzig zur Kenntnis genommen. Da tritt eine Person als OBM-Kandidat an, der sich als alternativ(e) zu den weiteren Kandidierenden geriert, jedoch nur eine vermeintliche ist.

Anstatt klar Position für Asylsuchende zu beziehen und zu äußern, dass sie dezentral untergebracht werden sollen und dies aus humanistischen Gründen, aus Gründen der Selbstbestimmung von Menschen, verweist Feiertag auf die Kosteneffizienz der dezentralen Unterbringung Geflohener und reduziert diese und ihre Anliegen auf rein ökonomische, wirtschaftliche Aspekte.

Feiertag knüpft damit an die Ressentiment-geladene Stimmung im Sommer in Leipzig an und schafft es nicht, Rassismus als Ursache zu benennen, sondern verweist auf „Ängste [, die] geschürt“ wurden und „die unnötig“ gewesen seien. Damit wird der Stadtverwaltung ein Versagen vorgeworfen und weiterhin behauptet, dass mit einer früheren Einbindung der Anwohner_innen der betreffenden Stadtteile, keine derartigen rassistischen Statements zustande gekommen wären. Damit verkennt Dirk Feiertag die Stimmung in den Stadtteilen. Oder er kennt sie nur zu gut und wollte damit nur feststellen, dass eine – wie auch immer geartete – frühere Beteiligung die Unterkünfte verhindert hätten, so wie es das Anliegen der BI Wahren bis heute ist!

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 26.11.2012 (von Shane Lessenich)
–> abgedruckt in der LVZ vom 01.12.2012 (S.18 – Shane Lessenich: „Feigenblatt in der Asyldebatte“)

Ich sehe es als notwendig und wichtig an, dem marginalisierten Thema Flucht, Migration, Asyl mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dies in Politik, Medien sowie überhaupt gesamtgesellschaftlich.

Es bedarf einer Öffentlichkeit, so bspw. auch dem von Geflüchteten und Asylsuchenden selbstorganisierten Protestmarsch sowie dem derzeit stattfindenden Camp am Brandenburger Tor in Berlin. Diesem Kampf gegen die bestehende rassistische Asylgesetzgebung und für ein selbstbestimmtes Leben gebührt meine Anerkennung und Solidarität.

Es bedarf einer Öffentlichkeit, die Kriege, Verfolgung oder anderweitige Fluchtgründe wahrnimmt und keinen Grund delegitimiert. Aktuell wird der Zentralen Aufnahmestelle für Flüchltinge in Chemnitz eine höhere Anzahl an Geflohenen zugewiesen, sodass Gemeinden mehr Geflüchtete aufzunehmen haben. Auch dies bedarf einer Öffentlichkeit, doch scheint u.a. die weltoffene Stadt Leipzig Angst vor ihren Bürger_innen zu haben, da sie derzeit zu dem Thema, welches die Verwaltung sehr unter Druck zu setzen scheint, keinerlei Verlautbarungen von sich hören lässt.

Weltoffenheit darf nicht nur ein Label sein, sondern muss auch mit Praxis gefüllt werden. Solidarität ist hier vonnöten, auch gegen rassistische Bürger_innen. Der Bürger_innen-Gesellschaft wünsche ich, endlich in der gesellschaftlichen Realität anzukommen, in der es selbstverständlich ist, dass Menschen mit Migrationsgeschichte hier leben, arbeiten und Gesellschaft gestalten.

Daher: Gesamtgesellschaftlichen Rassismus als solchen benennen, denn das Problem heißt Rassismus!

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 23.11.2012 (von anonym)
Guten Tag,
ich möchte mich jetzt auch zur Debatte um das neue Unterbringungskonzept von Asylbewerber_innen in Leizig äußern. Mir ist schleierhaft, warum wochenlang wutgeladene, haßerfüllte Leser_innenbriefe abgedruckt werden, warum immer wieder von
den Ängsten und Sorgen der Bürger die Rede ist.

Stellt Euch vor Ihr ängstlichen Bürger_innen – ich stehe seit Jahren in Kontakt mit Asylbewerber_innen in Leipzig und ich habe gar keine Angst – nicht vor Drogen, nicht vor Müll, nicht vor all diesen furchtbaren und peinlichen Vorwürfen, die hier in den letzten Monaten gemacht wurden. Statt dessen erhebt sich in mir eine unglaubliche Wut, auf das, was hier in diesen Medien verzapft wird. Diese Menschen, die da kommen, sind Menschen, die Ihr Land verlassen mussten, weil dort zum Teil Kriegs- und Verfolgungszustände herrschen, weil das Leben der Menschen bedroht ist, weil sie nicht frei und selbstbestimmt
leben können.

Jede_r sollte das Recht haben, sein/ihr Land zu verlassen, aus was für Gründen auch immer – sogar wenn keine akute Lebensbedrohung herrscht. Wir hier in diesem Land sind doch auch frei dahin zu gehen, wohin wir möchten. Warum sollte dies ein Privileg hier geborener sein?

Keiner dieser Menschen, die ich in den letzten Jahren getroffen hab, war in irgendeiner Form böswillig, gewalttätig oder ähnliches. Es gibt so viele Gründe, warum jemand sein Land verläßt und alles zurück lässt, Familie, Freunde, Hab und Gut, warum unterstellt Ihr Schmarotzertum, Diebereien, Drogenhandel – was soll das, es ist so unglaublich peinlich,
als ob Ihr in den letzten 60 Jahren nichts dazu gelernt hättet.

Ein Mann aus der Torgauer Strasse fragte mich letzte Woche: „Warum stehen die Menschen auf, wenn ich mich in der Bahn neben sie setze? Warum rümpfen die älteren Menschen die Nase?“ Was soll ich denn da antworten, außer das es mir total unangenehm ist, was in dieser Stadt passiert.

Es ist höchste Zeit, die Gesetzeslage zu ändern. Die deutsche Bürokratie hat sich Gesetze erdacht, die Menschen, welche um Hilfe und Aufnahme bitten, in marode, kakerlakenbefallene Heime am Rande der Stadt einsperrt und ihnen alle Recht nimmt. Außer das ich der Meinung bin, dass diese Heime gänzlich abzuschaffen seien, ist der Stadt anzurechnen, dass sie zumindest mit dem neuen Konzept die örtliche Isolation ein
Stück weit bricht und die Menschen in die Stadt holt. Was fehlt, ist die komplette Unterbringung in Wohnungen, wenn ein Mensch das möchte, was fehlt, ist die Möglichkeit, zu arbeiten, der freie Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, Reise- und Bewegungsfreiheit – überhaupt die sofortige Anerkennung als „vollwertige_r“ MitbürgerIn in Deutschland, mit allen Rechten, die dies mit sich bringt.

Diese vorurteilsgelandenen Sprüche, die da aus Wahren, Portitz und Grünau zu hören sind, sind in keinster Weise zu tolerieren und das die LVZ dies regelmäßig abdruckt und andere Meinungen vergleichsweise selten dargestellt werden, gleicht einem Skandal.

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 22.11.2012 (von Detlef Holz)
–> abgedruckt in der LVZ vom 11.12.2012 (S.16 – Detlef Holz: „Freiheit auch für Flüchtlinge“)

Seit Wochen, nein eigentlich schon seit Monaten frage ich mich, was in meiner Geburtsstadt eigentlich los ist. Da erarbeitet die Stadtverwaltung nach einem Mehrheitsbeschluss des Stadtrates ein Konzept, um die menschenverachtenden Zustände, unter denen Geflüchtete und Asylsuchende in dieser Stadt, die sich gerne mit dem Label „Leipziger Freiheit“ schmückt, leiden müssen, endlich ein Ende zu setzen und was muss man dann erleben: Statt das Konzept zu begrüßen (oder es als noch nicht weit genug zu kritisieren) und die neuen Leipziger_innen in unserer Mitte zu begrüßen, wehren sich als anständig wahrgenommene Bürger_innen dieser Stadt vor dem Zuzug einiger weniger Flüchtlinge in ihre Nachbarschaft.

Schlimmer noch, sie setzen diese Menschen, die alle einen nicht wegzuredenden Grund hatten, ihre Heimat für ein besseres Leben zu verlassen, gleich, mit Kriminalität und Vermüllung. Euch Mitbürger_innen rufe ich zu: Wer 1989 auf der Straße für seine Freiheit eingetreten ist, muss diese auch für andere Menschen einfordern! Statt also der Stadt und ihrer Verwaltung Kommunikationsinkompetenz vorzuwerfen, würde ich mir Ideen und Vorschläge wünschen wie wir unsere neuen Mitbürger_innen in die Leipziger Stadtgesellschaft mit ihren vielfältigen Freizeit- und Kulturangeboten integrieren können.

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 22.11.2012 (von Kim Schönberg)
–> abgedruckt in der LVZ vom 01.12.2012 (S.18 – Kim Schönberg: „Feigenblatt in der Asyldebatte“)

Zum Leser_innen-Brief „Eingestandene Fehler spielen keine Rolle mehr“, der sich auf den Beitrag „Neue Quartiere für Asylbewerber rufen ‚indischen Pizza-Bäcker‘ auf den Plan“ vom 12. November bezog:

Als fragwürdig ist das Heranziehen des „indischen Pizza-Bäckers“ Anokh Singh Ghuman durch Hans-Georg Uhlmann zu bewerten, es kann sogar als Instrumentalisierung angesehen werden. Der Verweis – und die damit einhergehende Reduzierung – auf die vermeintliche Herkunft soll scheinbar die eigene Argumentation legitimieren und ihr einen nicht-rassistischen Anstrich verleihen. Diese Positionierung kann damit als nicht-rassistisches Feigenblatt dienen, dass eine Agitation gegen den geplanten Standort in der Georg-Schumann-Str. legitimiert. Die Aussagen sind somit als ressentimentgeladen zu bewerten.

Auch wenn ein Wandel in der Argumentation während und nach der so genannten Dezentralisierungsdebatte im Sommer 2012 seitens der Bewohner_innen Wahrens eingesetzt haben sollte, so bleibt der Wandel im Denken dennoch aus: Permanent wird der Verwaltung in Form von Thomas Fabian ein Demokratiedefizit aufgrund der mangelnden Einbeziehung der Anwohner_innen der jeweiligen Stadtteile unterstellt, ohne dabei eigene Defizite zu reflektieren. Das Ausrufen eines so genannten Runden Tisches wurde dabei sogar als „Meilenstein der Demokratieerkämpfung“ angesehen, wobei der Sprecher der BI Wahren, Hans-Georg Uhlmann, festlegte, wer sich beteiligen darf und wer nicht, was sogar zur Ausladung von u.a. Sebastian Krumbiegel führte. Weiterhin ist auf das aggressive Gebahren der Bürger_innen auf den Stadtbezirksbeiratsversammlungen zu verweisen, was von einem ganz anderen Demokratieverständnis zeugt, vor dem sich zu fürchten ist.

Ebenso krude ist der ständige Verweis auf „das tausendjährige Wahren“ mit seiner „homogenen Bevölkerungsstruktur“. Mit dieser wiederkehrenden Ausführung verdeutlicht die BI lediglich eines: In Wahren sollen keine Geflüchteten leben und leben dürfen; Wahren ist ein Wohngebiet mit einer weißen, deutschen Bevölkerung, deren Anliegen die Aufrechterhaltung „ihrer“ Homogenität, das Reinhalten eben jener Struktur ist. Geflohene, gleich welcher Anzahl, sind nicht willkommen.

Das Problem, Herr Uhlmann sowie liebe Anhänger_innen der BI Wahren, heißt Rassismus!

___________________________________________________________________________

Leser_innenbrief vom 21.11.2012 (anonym)
–> abgedruckt in der LVZ vom 29.11.2012 (S. 16 – Nicklas Eberl: „Geflüchtete mit einbeziehen“)

Zu den Leser_innenbriefen („Eingestandene Fehler spielen keine Rolle mehr“) vom Montag, den 19.11.:

Mit Unverständnis habe ich die drei Leser_innenbrief aus Wahren zur Kenntnis genommen. Sie fordern mehr Beteiligung seitens der Verwaltungen gegenüber den Bewohner_innen des Stadtteil Wahrens ein, lassen dabei aber gänzlich außen vor, dass Asylsuchende in den Entscheidungsprozess bisher in keinerweise mit involviert wurden und die gesamte Zeit über sie hinweg bestimmt wurde und wird. Es ist daher vonnöten, sich für Asylsuchende einzusetzen und es zu ermöglichen – und einzufordern -, Geflüchtete in sie betreffende Entscheidungen mit einzubeziehen.

Kritik ist in dem Zusammenhang an CDU, FDP, SPD und an Teilen der Grünen zu üben, die in der Ratsversammlung am 18. Juli gegen eine entsprechende Vorlage zur Einbeziehung der zukünftigen Bewohner_innen gestimmt haben. Lediglich die Fraktion der Linken stimmte dafür.