Redebeitrag für die Demo von leipzig nimmt Platz am 18.03.2017

Hallo, ich bin heute hier für den Inititiativkreis:Menschen.Würdig und ich finde es ziemlich fett, wie viele Leute heute hier sind! Nazis marschieren und ihr seid auf der Straße, um dem etwas entgegen zu setzen bzw. den Scheiß zu verhindern! Richtig so!
Leipzig – an Tagen wie heute ist es eine aufbegehrende Insel inmitten des ultra-konservativen Sachsens.

Aber die Umstände, in denen Geflüchtete in Leipzig wohnen müssen, und der ziemlich steinige Weg aus der Massenunterkunft in eine eigene Wohnung … das lässt uns dann doch grübeln.
Es scheint so, dass rassistische Scheiße nicht nur durch die Straßen marschiert – sie macht es sich auch in den städtischen Verwaltungsabläufen gemütlich.

Zirka 4000 Menschen leben derzeit in Gemeinschaftsunterkünften. Im Stadtgebiet gibt es 15 kleine Unterkünfte mit bis zu 60 Plätzen, 16 sind größer  –  da wohnen teilweise bis zu 500 Menschen!

Wenn die Menschen aus diesen Gemeinschaftsunterkünften ausziehen wollen, sind sie gezwungen erstmal einen Antrag zu stellen. Aber das ist noch die kleinere Hürde: In Leipzig kommt die sogenannte Wohnfähigkeitsprüfung hinzu. Wohnfähigkeitsprüfung heißt, dass die Sozialarbeiter*innen der Gemeinschaftsunterkunft mit einem ziemlich übergriffigen und paternalistischen Fragebogen eine sogenannte Sozialprognose erstellen. Mit drei verschiedenen Smileys werden unter anderem die Fähigkeit zur „Mülltrennung“  oder Sauberkeit bewertet.
Gibt es negative Noten, werden Trainingsmaßnahmen eingeleitet – und im schlimmsten Fall dürfen die Betroffenen nicht ausziehen. Nun könnt ihr euch ja mal selbst überlegen, mit wie vielen Personen ihr schon zusammengelebt habt, die den Müll nicht „richtig“ trennen können und quasi nicht das Recht haben in einer eigenen Wohnung zu leben. Geflüchtete werden mit dieser Praktik einer diskriminierenden Prüfung unterworfen, die es für andere Menschen nicht gibt.

Doch diese institutionelle Diskriminierung ist nicht die einzige Hürde, die Geflüchtete bei der Wohnungssuche erfahren. Auch in Leipzig sind rassistische Diskriminierungen für Geflüchtete auf dem Wohnungsmarkt Normalität. Bereits der Anruf bei Vermieter*innen mit starkem Akzent oder ohne Deutschkenntnis führt regelmäßig zu Absagen. Oftmals werden diese mit Vorbehalten in der Nachbarschaft oder gar Verboten durch die Wohnraumeigentümer*innen begründet.

Hinzu kommt, dass sich in den letzten Jahren die Wohnsituation für alle in der Stadt lebenden Menschen verändert hat. Der Wohnungsmarkt unterliegt einem hohen Verwertungsdruck durch die Immobilienwirtschaft. Mieten steigen, Stadtviertel werden aufgewertet und Menschen verdrängt. Dies wirkt sich auch auf Geflüchtete aus, eine der stark von Armut bedrohten gesellschaftlichen Gruppen. Statt aktiv Wohnraum gerade für arme und armutsgefährdete Menschen zu schaffen, wird das Feld auch in Leipzig vor allem privaten Akteur*innen überlassen. Und damit ist es vorprogrammiert, dass die Mieten weiter steigen und Geflüchtete weiter diskriminiert werden.

Wir finden, so kann das nicht weiter gehen und daher initiieren wir dieses Jahr eine Kampagne!
Wir wollen Kämpfe verbinden und rufen euch hiermit zum Tanz auf! Nicht nur hier geborene, sondern auch neu dazu kommende Menschen müssen ein Grundrecht auf Wohnen mit allen Facetten reklamieren können.
Dies kann nichts anderes heißen, als dass Wohnen dem Markt entzogen und jede*r ein garantiertes Recht auf eine Wohnung haben muss.
Dies kann nichts anderes zur Folge haben, als dass gesellschaftlicher und institutioneller Rassismus bekämpft wird und die Bekämpfung das neue politische Paradigma wird.
Dies kann nichts anderes sein, als das Ende der Inwertsetzung von grundlegenden menschlichen Bedürfnissen.

Wir rufen Euch auf, mit uns zu kämpfen.
Für selbstbestimmtes, bezahlbares Wohnen für alle! Für Wohnen als Menschenrecht!